Von der Straße zum Papst

Christian Herwartz war am 11. November 2016 zusammen mit 6000 Pilgern bei einer Papst-Audienz. Bei der Gelegenheit hat er Papst Franziskus die Bücher „Gott auf der Straße“ von Michael Johannes Schindler und „Im Alltag der Straße Gottes Spuren suchen“ übergeben. Ihr könnt das hier ansehen: Aufzeichnungen des Treffens, insbesondere Minute 3:15 bis 3:38 des Beitrags.

Von Christian Herwartz

In Rom
holte mich Sr. Gabriella, eine Combonischwester am Bahnhof ab. Ich kenne sie seit ihren Straßenexerzitien in Nürnberg vor etwa 13 Jahren. Der Kontakt ist auch in ihrer Zeit in Brasilien nicht abgebrochen. Nun zeigte sie mir ihren Arbeitsplatz in Rom: Ein Haus in dem sie mit Schwestern verschiedener Kongregationen zum Thema Menschenhandel zusammen arbeitet. Aha, deshalb kann der Papst zur Zeit so oft diese Plage benennen. Am anderen Flussufer sehe ich schon das Gebäude von Radio Vatikan. Da ich einen Auftrag mitbringe – nämlich die gut lesbare pastoral-theologische Promotion über Straßenexerzitien „Gott auf der Straße“ dem Papst zu übergeben (der sehr engagierte Autor Michael Johannes Schindler bat mich darum)- ging ich hinüber zu meinem Mitbruder Bernd Hagenkord, der für die deutschsprachigen Sendungen verantwortlich ist. „Versuchs und sonst suche ich einen anderen Weg. Später kann ich daran anknüpfend eine Sendung mit TeilnehmerInnen zu diesen Exerzitien aufnehmen.“ Er wusste, wovon er spricht, da er auch schon mal Teilnehmer war. Die Mitreisenden aus Köln machten ihre erste Stadtbesichtigung, die mir zu anstrengend geworden wäre. Ich konnte bei ihrem Tempo nicht mithalten, obwohl sich einer von ihnen, der sich in einem Kölner Altersheim engagiert, rührend um mich kümmerte. Abends trafen wir uns in der Unterkunft wieder, die noch im U-Bahnbereich lag. Dort traf ich auch auf andere Gruppen aus Deutschland, wie die Freunde aus Recklinghausen. Auch Rana war dort, mit dem ich in Berlin ein Jahr zusammen gelebt habe.

Mit dem Tag der Audienz bei Papst Franziskus
begann nun das Programm der 6000 Pilger aus den verschiedenen Ländern Europas.
Schwester Franziska und Bruder Markus, beide sind Franziskaner, kannten die sieben Frauen und die sieben Männer aus Köln gut. Manche von ihnen waren noch auf der Straße und andere lebten lange dort und kannten die Verletzungsgefahren und Abhängigkeiten auf der Straße. Wer sie einmal erlebt hat, vergisst sie nicht so leicht. Heute engagieren sich viele von ihnen im Gubbio, der Obdachlosenkirche in Köln an der Zufahrt zur Severinsbrücke. Sie gehörte einmal zu dem nicht vorhandenen Franziskanerkloster. Wir waren an diesem Morgen zeitlich gut unterwegs und wurden am Vatikan wie Schafe in einem Gatter versammelt. Dann kamen wir nach und nach durch den „Flughafencheck“ (das Gepäck und die Kleidung wurden durchleuchtet), durchliefen verschiedene Wartepunkte bis wir dann die große Audienz-halle füllten. Durch glückliche Umstände bekam ich einen Platz am Mittelgang. Im Vorprogramm erzählte uns einer aus der Schweizer Garde, in der von Michelangelo entworfenen bunten Uniform, von seiner Entscheidung aus dem Glauben den Papst und das Leben im Vatikan zu schützen. Ich konnte einige Male beobachten wie diese jungen Menschen ihren Dienst mit klaren Anweisungen taten, mit militärischem Gruß und einem Lächeln. An besonderen Stellen standen sie repräsentativ platziert mit einer auffälligen historischen Waffe in der Hand. Sie gehören zu einer Polizeitruppe ganz eigener Art.
Nun versammelt sich der Begleitschutz am Eingang der gefüllten Halle. Auch eine Kamera ist dabei, über die wir an den beiden großen Monitoren die Begegnungen des Papstes mit einigen von uns miterleben können. Franziskus geht mal rechts und mal links vom Gang auf die Menschen zu und spricht ganz aufmerksam mit ihnen, als wenn gerade nur sie hier anwesend wären. Von diesem Verhalten geht eine Faszination aus. Ich halte die beiden Bücher zu den Straßenexerzitien in der Hand und er kommt auch zu mir, liest den Titel „Gott auf der Straße“ und nickt zustimmend. Beim zweiten Titel braucht er länger, bis er ihn versteht. Doch dann sieht er mich an und sagt mir ganz schlicht: „Bete für mich!“ und ich zeige meine Zustimmung. Das war ein bewegendes Ereignis, ich fühlte mich persönlich angesprochen, auch wenn ich weiß, dass er diese Bitte vielen gegenüber ausspricht. Die Buchtitel haben für sich gesprochen. Ich brauchte mich nicht vorzustellen oder ein Thema an zuschneiden. Diese gut 20 Sekunden der Begegnung könnt Ihr in der Dokumentation des Vatikans verfolgen. Der Papst wurde dann von einem französischen Kardinal und einem Repräsentanten der Bewegung Fratello begrüßt, die das Treffen angestoßen und gestaltet haben. Die Fratellos aus Frankreich waren gut erkennbar und halfen überall. Außerdem gaben zwei von uns ein Lebenszeugnis. Und Franziskus antwortete direkt darauf, denn er las ihre Texte mit. Ihr könnt den ganzen Vorgang verfolgen im nachstehenden Video:

Mehr dazu auch in Christians Rundbrief Nr. 6

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