Straßenexerzitien an einem besonderen Ort: Erfahrungen der Begleiter

Von Sonntag bis Sonntag im August fanden Straßenexerzitien an einem besonderen Ort in Köln statt, der Obdachlosenkirche „Gubbio“. Dort trafen sich sieben Teilnehmerinnen und Teilnehmer: vier Frauen, drei Männer und zwei Hunde waren sieben Tage lang unterwegs auf den Straßen in Köln. Zwei Teilnehmer kamen direkt aus der Gubbio-Gemeinde und fünf Teilnehmer hatten sich über das Internet angemeldet. Auch die Begleitung war eine besondere Erfahrung.

Diese Straßenexerzitien waren eine ganz besondere Woche, besonders auch für uns vier Begleiter*innen; denn die Straßenexerzitien fanden zum ersten Mal in der „Heimat“ der Obdachlosen statt. Wir hatten sicher schon bei vielen Straßenexerzitien in verschiedenen Städten Kontakt mit Obdachlosen, aber dieses Mal waren wir zu Gast bei Obdachlosen in ihrer Pfarrgemeinde. Wir waren sehr berührt, wie schnell doch auch über diese Grenze das Vertrauen und die Offenheit da war, die für die Straßenexerzitien so typisch sind.

Wir hatten vor diesen Exerzitien durchaus auch etwas Bammel. Da ist einmal der Ort: Keine Dusche, eine Teeküche, die für die Zubereitung von Mahlzeiten wenig geeignet schien, kein Bett, kein Schlafraum. Die Teilnehmer schliefen in der Kirche auf Isomatten auf dem Boden. Wir fragten uns: Können sie das akzeptieren? Wie wird es sein, wenn die Kirche an zwei Tagen durch andere Gruppen „belegt“ ist? Werden die Teilnehmer aus der Gemeinde und die andere Teilnehmer*innen miteinander auskommen? Hinzu kam, dass Franziska – eine der Begleiter*innen – schwer krank wurde. Bis kurz vor den Exerzitien war nicht klar, ob sie begleiten können würde. Auch für Marita war es anstrengend. Doch all unsere Bedenken wurden gewandelt: Der Ort wurde zum idealen Ort, die Störungen zu Begegnungen, Franziskas Teilnahme ein unglaubliches Geschenk.

Diese Straßenexerzitien waren auch Besonders, weil Hunde dabei waren. Viele obdachlose Menschen haben Hunde. Also wurden diese Straßenexerzitien extra so ausgeschrieben, dass auch Hunde dabei sein konnten. Die Gubbio-Gemeinde ist es eh  gewohnt, dass Hunde dabei sind. Aber auch in der Runde der Begleiter*innen harmonierte das Zusammensein mit den Hunden im Gottesdienst, beim Essen und beim Austausch. Dies hatten wir so nicht erwartet.

Es war sehr bewegend zu erleben, dass wir alle „Menschen auf dem Weg “ sind. So steht es auf dem Banner am Eingang der Gubbio-Kirche.  Wir alle sind einander Schwestern und Bruder, egal in welcher Lebenssituation wir sind, und sprechen einander aus der Seele. Wir erlebten in dieser Woche viele kostbare und heilige Orte, Begegnungen und Momente; und wenn man die Erfahrungen miteinander teilt, werden sie nochmals anders, „heiliger“. Für Patrick war die Erkenntnis neu, dass Gott mir meine eigene „Heilige Zukunft“ schenkt: Ich bin es, der meine Zukunft, völlig unberührt und noch ungelebt, als erster begehen und erleben darf.

Wir sind ausgesprochen dankbar, dass wir in dieser Woche begleiten durften.
Der Abschied unserer Gruppe war melancholisch, hatte sich doch in diesen paar Tagen eine tolle Weggemeinschaft gebildet.

Wir Begleiter waren tief bewegt und dankbar in dieser Woche der Zeugnisse dabei sein zu dürfen und waren uns alle vier einige: Straßenexerzitien in Gubbio sollte es 2018 wieder geben!!

Wir möchten alle Straßenexerzitien-Begleiter ermutigen, weiter neue Formate auszuprobieren.

Eure Marita, Michael, Franziska, Patrick

Eine Antwort auf „Straßenexerzitien an einem besonderen Ort: Erfahrungen der Begleiter“

  1. Wir waren dabei, mein Hund Gambino und ich. Jetzt ist Advent, ein halbes Jahr nach den Exerzitien und mir gehen die Erlebnisse noch immer nach. In allen ist etwas aufgebrochen. Einen anderer Blick, eine andere Sicht auf die alltägliche Welt mit alltäglichem Konsum konnten wir einüben. Wir konnten Menschen unter Menschen werden, den tiefen Glauben und die Hoffnung jener Menschen erleben, die sonst im Allgemeinen übersehen werden. Die Brotvermehrung hat einen tieferen Sinn bekommen, denn wir sind ohne Geld „einkaufen“ gegangen und hatten für zwei Tage zu essen. Alles wurde uns geschenkt. Schmerzhaften Orten sind wir begegnet, innen und außen. In gegenseitiger Begleitung konnte vieles davon heil werden, die Angst schwinden, diese Orte wieder ohne Beklemmungen sein zu lassen. Ja, ich hatte ein mulmiges Gefühl, da hin zu gehen, wo sich Obdachlose treffen. Ich kannte sie bis dahin noch nicht. Jetzt freue ich mich auf die nächste Gelegenheit, meine Gubbianer wieder zu treffen. Und das ist bald soweit, mit Gambino! (Leider war ein kleiner Schreibfehler im vorherigen Kommentar)

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